Interdisziplinärer Workshop „Body Politics – Intersektionale Forschungsperspektiven auf den Körper“ (17.-19.02.21)
Heute ist der Begriff Intersektionalität im wissenschaftlichen Diskurs weithin bekannt: Die Erforschung der Wechselbeziehungen und Verschränkungen von verschiedenen Kategorien sozialer Ungleichheit wie zum Beispiel class, race und gender, hat sich in den letzten Jahren vor allem in den Diversity- und Genderstudies zu einem neuen Paradigma entwickelt und wird sich auf lange Sicht als Konzept etablieren. Dies lässt sich nicht nur an der Vielzahl vor allem soziologischer, aber auch erziehungs-, geschichts-, literatur- und kulturwissenschaftlicher Studien ablesen, die sich auf das Paradigma der Intersektionalität beziehen, sondern ebenso an der Einrichtung von Studiengängen und Zertifikaten. Dabei ist die Debatte aber noch keineswegs abgeschlossen. Diskutiert wird etwa, wie die jeweiligen Differenzkategorien entstehen und wirksam werden: Werden diese sämtlich sozial konstruiert und, wenn ja, wie vollzieht sich die Erzeugung? Wo und in welchen Zusammenhängen wird dagegen von essentialistischen Kategorien ausgegangen? Inwiefern wirken sich soziale Konstruktionen lebenspraktisch aus? Darüber hinaus ist auch die Problematik zu berücksichtigen, dass für die wissenschaftliche Analyse die Setzung von Kategorien notwendig ist, damit aber zugleich Differenzierungen verbreitet und stabilisiert werden. Breit diskutiert wird des Weiteren die Frage, ob man überhaupt von festen Differenzkategorien ausgehen könne, welche und wie viele Differenzkategorien in die Analyse einzubeziehen sind – auch wenn nach wie vor race, class und gender nicht zuletzt aufgrund der forschungsgeschichtlichen Herkunft der Intersektionalität als Leitkategorien weitgehend akzeptiert sind. Ferner wird erwogen, ob der Begriff der ‚Intersektionalität‘ durch ‚Interdependenz‘ ersetzt werden sollte. Diese Debatten haben sich als äußerst produktiv erwiesen, insofern das Konzept der Intersektionalität gerade durch seine Offenheit gegenüber verschiedenen theoretischen und methodischen Zugängen eine beständige Weiterentwicklung erfährt und sich für zahlreiche Disziplinen als anschlussfähig erweist. Daran will der Workshop anknüpfen und anhand eines spezifischen Untersuchungsgegenstandes – dem Körper – Potenziale und Grenzen intersektionaler Forschung interdisziplinär diskutieren.
Der Körper als Untersuchungsobjekt bietet sich aus verschiedenen Gründen an: Im Körper überlagern sich mehrere diskursiv hervorgebrachte Differenzkategorien (Alter, Attraktivität, Geschlecht, Behinderung, Klasse/ Milieu etc.), die so in ihrer Verschränkung analysierbar werden. Zugleich ist er in seiner Materialität Medium sozialer Praxen, er ist soziales Kommunikations- und Arbeitsmittel. Der Körper ist damit zugleich Produzent, Instrument und Effekt des Sozialen.
Der interdisziplinäre Workshop will sich diesem komplexen Forschungsgegenstand annähern, ihn in seinen verschiedenen Dimensionen beleuchten und aus unterschiedlichen Perspektiven Körperbilder, -diskurse, -praktiken sowie -politiken diskutieren. Dabei sollen auch theoretische, methodische und methodologische Fragen in den Blick genommen werden.
Der IZGDD-Workshop wird digital via Zoom stattfinden. Anmeldung bitte per Email an victoria.gutsche@fau.de.
Programm
Mittwoch, 17.02.21
14.00 Uhr
Victoria Gutsche:
Männliche und weibliche Körper in den Essays von Ruth Landshoff-Yorck
15.15 Uhr
Renate Liebold/ Irmgard Steckdaub-Muller:
„Komm‘ rein wenn du ein Mann bist“ – Zum Zusammenhang von Arbeit und Geschlecht im körpernahen Dienstleistungsbereich
16.30 Uhr
Annette Keilhauer:
Körpererinnerungen im Werk von Annie Ernaux
Donnerstag, 18.02.21
14.00 Uhr
Renate Liebold/ Larissa Pfaller:
Ungleiche Freundschaften: Macht der Unterschied einen Unterschied?
15.15 Uhr
Carmen Dexl/ Silvia Gerlsbeck:
Jenseits des Körpers? Posthumane Perspektiven auf die zeitgenössische postkoloniale Literatur
16.30 Uhr
Miriam Damrow/ Heinz-Jürgen Voß:
Differenzierende Differenzsetzungen: Interdisziplinäre Fokussierungen auf intersektionale Körper
18.30 Uhr
Digitales Get Together
Freitag, 19.02.21
9.00 Uhr
Fritz Dross:
Vergesellschaftung unter Ansteckenden
10.15 Uhr
Antje Kley:
Politik und Poetik des vergänglichen Körpers in der US-amerikanischen Gegenwartsliteratur
11.30 Uhr
Susanne Gruß:
Krankheit, Mutterschaft, Altern: Der (weibliche) Körper in Sinéad Gleesons „Constellations“ (2019)
12.45 Uhr
Maren Conrad:
Gemeinsame (Bild-)Lektüre des Kinderbilderbuchs „Alle behindert“
(Horst Klein, Monika Osberghaus/ Klett Kinderbuch Verlag/ Leipzig 2019)